Griechen: nicht nur Tempel mit bombierten Säulen und Basen (Parthenon in Athen) – sondern vor allem »ätherische, leichte Bauwerke» auf einem »wilden», ungeschlachten Sockel und Berg…
‹Basilika› in Paestum, archaisch dorischer Tempel, erstaunlicherweise vorne 9 Säulen (=eine in der Mitte – daher man spürt man wohl die Frontansicht wie Seite).
Auch in anderen Epochen gibt es »die besetzte Mitte» (hier St. Georg, Dinkelsbühl): die Quadratjoche der Seitenschiffe gehen im Chor in Dreiecke über, mit Aussen-Pfeiler in der Mitte – beachte: auch der Turm hat die obere Seite in der Mittelachse, daher ist der Eingang versetzt – und die 4 Nebeneingänge haben ebenfalls immer eine Stütze ‘in der Mitte’…
..und in den ‹Stammlanden› der Karolinger sahen die Dome ‹anders aus› und ‹funktionieren› anders (hier zB. Worms): hinten und vorne geschlossen (Absiden) – Eingang ‹in der Mitte’…
Jacobins in Toulouse: um die besiegten Katharer zu beeindrucken…
St. François in Lausanne…
Schwaz, Tirol, Maria Himmelfahrt – eine Kirche für 2 Klientelen (wohl ähnlich in Paestum): Die Gemeinde und die Silberminen-Arbeiter…
Die Ecksäule ist breiter (sonst würde sie optisch zu dünn aussehen), die Säulen haben eine ‹Entasis›: Schwellung im unteren Drittel – zeigt die Last (wie eine nach Aussen drückende Kraft) – ebenso wie die Wulst des Kapitells (Echinus) zusammengedrückt wird). Das ‹Dorische Problem› ist gut ersichtlich: die Ecksäule bekommt oben nur ein ‹halber Stein› (da diese von Mitte-Säule zu Mitte-Säule reichen) – hier ist das Eckstücklein weggelassen (in der Klassik wird der letzte Stein oben ‹länger›).
Mies van der Rohe glaubte, dieses ‹Problem› in seinen (neoklassischen) Bauten so gelöst zu haben
..eine Ansicht, die von den Griechen »nicht gewollt» wäre: von unten seitlich ‹erscheint› die Stütze oben ‹viel zu dünn› – zur Wulst und Platte darüber…
..im archaisch-jonischen Stil (Schatzhaus der Siphnier in Delphi) ist von Last und Kraft nichts zu spüren – ‹Menschen› (Karyatiden) tragen, Fries und Wulst des Kapitells (und Basis) sind dekorativ – beachte auch die Massstabssprünge (Karyatiden, Giebelfiguren)
Perseus schneidet unterstützt von Athene lächelnd der Gorgo den Kopf ab – aus ihr schlüpft ein geflügeltes Pferd (Pegasos) – Sinnbild schöpferischer Phantasie
Archaischer Humor: Herakles trägt die beiden Unholde der Kerkopen kopfunter weg – der eine zwickt in ins Gesäss – dabei muss Herakles so sehr lachen, dass er beide wieder laufen lässt
Römer: Licht und Räume; beachte, dass das »Bild» vom Eingang her »aufgenommen» ist, da die Säulen im Vordergrund »Licht von Hinten» (= Aussen) erhalten (Pantheon, Rom) – aber dem ist ‹leider› nicht so:
…beim Eingang hat es keine Säulen – und vis-à-vis auch nicht… auch in einem anderen Bild findet man die gleichen Nachlässigkeiten, zudem ist die Perspektive dort nicht korrekt: das Band mit den Säulen wird viel grösser gegen vorne, das Band darüber mit den Öffnungen kaum; der Sonnenfleck auf der Wand ist grösser als das Öffnungsrund oben, er müsste (Kegelschnitte) zudem die Form einer Ellipse haben. In beiden Bildern ist der Oculus zu klein gezeichnet (9m auf 43m Kuppeldurchmesser = 4.77, gemalt etwa 6.5)
…in Tat und Wahrheit sind die Kassetten zudem quadratisch…
Die Römer haben gerne Säulen vor eine Wand gesetzt (die Säule »will freistehend sein» –> ergibt eine plastische Wirkung – wenn die Säulen eine Mindestlücke zur Wand haben, Konstantinsbogen, Rom)….
..eine Spannung entsteht, wenn beide Elemente »sich konkurrenzieren»… (mehr noch, weil »die beiden ersten Säulen frei sind» – Rom Fortuna Tempel)
..spätrömisch (=frühchristlich, Santa Maria Maggiore, Rom) sind die ‹Basiliken› noch in das Takt-System der Säulen/Vorlagen eingebunden..
…das verliert sich dann im Byzantinischen Reich (San Apollinare in Classe, Ravenna)
.. und im Mittelalter (Quedlinburg, Stiftskirche) erst recht (die Fenster im Obergaden haben einen anderen Rhythmus: 2 Fenster auf 3 Stützenjoche – und die Empore hinten ist »auf irgendeiner Höhe»)
Mit dem ‹Etagenbilden› schienen den Architekten die Bauten höher
Im Byzantinischen Reich ‹(Hagia Sophia in Istanbul) gibt es »Sende- und Sprühlicht» (Entmaterialisierung, Irisierung durch Mosaiken und Marmore)
Im Mittelalter sind »die Römischen Schichtungen» noch spürbar – aber auch mehr: siehe die je 3 seitlichen Stützen, die auf einem Sockel vor der ‹Hauptwand› mit den Skulpturen stehen (und ganz hinten das Eingangsportal). Hier (in St. Trophime in Arles) tragen die je 3 Säulen den ‹Überbau› mit den 3 Bogen, der im Gegensatz zur unteren Fassade nicht aus zwei Teilen geschichtet erscheint, sondern einen einheitlichen Bogen hat, mit 3 Abstufungen (und lustigerweise liegt der Mittlere (wieder) »irgendwo» auf der Wand mit den Skulpturen auf)
..ganz ähnlich hier (Baptisterium in Pisa); der Torso tritt nach oben zurück, die ‹aufgeklebten Säulen› im EG weichen im OG einer tieferen Schicht, wo die Ziersäulen mehr Platz gewinnen..
In Périgeux, St-Front haben die Stützen ‹Figurqualität›: sie sind aus 4 Pilastern zusammengesetzt und haben oben (Augen)Fenster. Die 5 Kuppeln (auf Byzanz zurückgehend) sind schmucklos, nackt: geometrische Elemente…
…das Palais Stoclet in Brüssel (1905, Josef Hoffmann, Jugendstil) gibt dagegen allen Flächen eine »Bordüre», was einen ‹Stoff-Effekt› erzeugt)…
…die Kuppel (fast nur noch Pendentifs, aber doch als Kuppelteil lesbar, weil über den Bögen ‹zusammengefasst›) ist durch die Bogen ‹ausgeschnitten› – und oben ‹offen’…
…nicht so wie die Kuppeln der Renaissance, hier Sant Andrea in Mantua…
..man kann sich vorstellen, dass die Basis dieser Kuppel (jetzt nur noch durch die 4 inneren Eckpunkte der Stützen-Elemente definiert ‹unter die Bögen ausgreift› – oder raffinierter: unten ein Quadrat bildet (=die 4 inneren Eckpunkte der Stützen-Elemente) – welches sich in einen Kreis ausdehnt…
—was 870 Jahre später auch Mario Botta in Mogno probiert hat (mit (unnötig) sich verdickenden und ausdünnenden Wänden – und merkwürdigen Bogen, wohl um das Oberlicht tragen zu können)…
Frühgotik: Chartres – neu ist der dreigeschossige Aufbau, aber es gibt noch einen ‘Stützenwechsel’ (1. Stütze: pilasterförmig-flach, 2. Stütze: halbrund). Die Fenster sind durch ‘Pfosten’ unterteilt, Masswerk gibt es nur oben (Rundfenster): die Öffnungen scheinen aus dem Mauerwerk wie ‘herausgeschnitten’. Die Vertikalität ist mit durch die Dienste hindurchgehende Sockeln und Basen etwas gebrochen. Die Strebebögen werden ins homogene Bauvolumen ‘integriert’
Hochgotik: Reims – vorgefertigete Fenster werden am Boden zusammengesetz und dann verbaut – sie nehmen die ganze Weite zwischen den Diensten ein. Die Strebebögen erstrecken sich über 2 Etagen und bilden eine majestätische Grösse (–> Krönungskirche der französischen Könige)
Amiens: serienmässige Produktion der Steine (Kosteneinsparungen, aber auch Reduktion des Formenreichtums: zB. die Profile der Kreuzrippen sind alle gleich). Die Vereinheitlichung des Wandaufbaus geht weiter, Triforium und Hochschiffenster werden durch Dienste zusammengefasst
In Beauvais sind die Triforien und Hochschiffenster ganz zusammengefasst. Die Lanzetten sind nicht mehr gradzahlig (3 statt 2 in der Hochgotik)
Style Royale: Sainte Chapelle, Paris – Auflösung der Wand, reine Profilgestaltung und Schwerelosigkeit der tragenden Teile –> Hofstil Ludwigs: die Ästhetik der Hofkapelle ist nicht nur an die technischen Fortschritte gebunden, sondern ebenso an die Ideologie eines Herrschers und an eine Entwicklungsstufe der christlichen Spiritualität
Im Barock hat Borromini (Sapienza in Rom) den konkaven Hof mit dem konvexen Kuppeltambour in einer Linie (und grossen Fenstern in dieser Achse) ‹zusammenfallen› lassen. Die Laterne ist wieder konkav und die Haufe konvex-spiralförmig…
Durchgehende Thematik: Kontrast und Zusammenbinden
Die Griechen haben über ihre Kunst ‘’Buch geführt’’: jedes Werk wurde sogleich theoretisch verortet (bei einem Stadtstaat bleibt das übersichtlich). Die Römer mit ihrem grossen Vielvölkerstaat hatten es schwieriger, aber es gab die Tendenzen (zB. Augustus) eine ‘’Klassik’’ zu etablieren, oder Trajan (der Feldherr – nahm sich den besten Architekten): Nie-gesehenes, Hadrian hat sich ihn interessierendes nachgebaut und eine ‘’Vermischung Griechisch-Römisch’’ gesucht, die Flavier (zB. am Kolosseum) ‘’sich ‘’griechisch/republikanisch’’ legitimiert’’, indem sie ‘’Säulenordnungen’’ an den öffentlichen Gebäuden anbrachten. Konstantin wollte auch dem ‘’christlichen Geist’’ huldigen (und dem Volk) und es kamen Bilderwelten zustande, wo es (nicht mehr um vorher üblichen Individualismus gehen soll/kann, sondern neu) um Typisches, Metaphern, (neoplatonische) Ideen geht (Wichtiges gross, Nebensächliches klein): wie die Tetrarchen. Die Venezianer haben im Mittelalter beides, diese neben der Quadriga auf San Marco aufgestellt (nicht aber auf dem Dogenpalast)! Die ‘’Zwiespältigkeit’’ der Römer wurde immer anders gesehen:
In der (Florentinischen) Renaissance wurde die Antike als ‘’Einheit’’ gesehen (Griechen und Römer) und an den Palästen der Banker wurden die Säulenordnungen (siehe oben Flavier?!) als ‘’Bestes vom Besten zitiert’’ (zB. Alberti: Rucellai). Im 18. Jahrhundert mit dem Aufkommen der ‘’Werte’’ wurde die ‘’Kunst’’ gewertet (Beginn, Höhepunkt (Griechen), Verfall (Römer). Im 19. Jahrhundert sprach man von ‘’Kunstwollen’’ (Motiven –> siehe Klenze in München). Dann von ‘’Nationalstil’’; dann von ‘’antigonisierenden Prinzipien’’ – wie Rowe: Tradition vs. Utopien. Seit dem Postmodernismus kommen wieder ‘’Monumente’’ vor (in der Moderne unbekannt!).
Ich spreche lieber von ‘’Thematiken’’ oder ‘’Prinzipien’’ (weiterbilden daran, weiterentwickeln, neu entdecken) – die überall in der Architektur vorkommen und immer: zB. ‘’Schichten’’:
Man kann sich über die Relevanz solcher Dinge streiten:
Christoph Gantenbein (Professor der ETHZ und im Architekturrat) meint, weil die Welt derart vielschichtig geworden sei und es in der Hälfte der Arbeitszeit angehender heutiger ArchitektInnen nicht mehr um Projektarbeit gehe, sei es für sie unabdingbar, dass sie im Studium lernten (und an der Diplomarbeit zeigten), Probleme etablieren zu können und dafür valable Lösung zu entwickeln.
Die ETH-Z suchte im August 2024 Lehrer für ein Design-Studio mit 25 StudentInnen. Die zukünftigen Lehrer, InhaberInnen eines Architekturbüros, sollten neu-aufkommende, spekulative und in-novative Positionen vertreten zu:
-Herausforderungen des Klimawandels; -Digitalen Formen des Handwerks; -Gestaltung zukünftiger Umgebungen; -Vergangenheit produktiv machen –> die 4 ersten haben eher mit dem ‘handling’ zu tun? -Design und Konstruktion stärken
Und das, indem sie die Schüler darauf vorbereiten, verantwortungsvolle Akteure für die Zukunft der Disziplin zu werden. Sie sollen Inhalte lehren,welche die Architektur von morgen prägen: -Zukunft der gebauten Umwelt (was kann ein Einzelner da wohl ausrichten); -Wiederverwendung; -Ausdruck der Fürsorge; -Inklusivität, -Parität, -Wohnungsnot – dann: -Klimanotstand und -Ästhetik –> das sind alles eher ‘philosophische’ Kriterien (Haltungen); -Komposition, -Taktilität, -Konstruktion –> diese 3 letzten sind sehr ‘allgemeine’ Begriffe. -Raum (space).
Erstaunlich: was Hoesli und Rowe in Collage City interessierten, scheint heute kaum mehr gefragt zu sein – ebenso wenig das ‘making-off’: wie kann Architektur gemacht werden, was ‘ist’ sie?
Auch nicht: heutzutage wird ein ‘’Stadtflair’’ erzeugt (auf einer Vorlage des 19. Jahrhunderts, aber mit Investoren-gemässen Blöcken, zudem oft gestapelt und gereiht sowie mit dem entsprechenden Fassadenausdruck: wie zB. die Europaallee, mit gleicher Grösse wie die Altstadt von Zürich; oder die ‘Kisten’ für Industrie sowie Lagerhäuser, dann Hochhäuser (55% der Weltbevölkerung lebt in Städten) und ‘EFH-Wiesen’, welche ganze Landstriche prägen…
Einzig das: Rowe schreibt gleich am Anfang seines Essais, dass mit den zwei Aussagen (die er seinem Text voranstellt: über ‘Hemmungen’ und die ‘Legitimationsmöglichkeiten von Autorität’) eine Gesellschafts- und vielleicht sogar eine Architekturtheorie machbar wären. Mir scheint, auch die ETH-Z sucht vorerst ‘Gesellschaftlich Relevantes’. Aber wohl kaum jenes, dass Architekten gewohnt sind, Probleme mit Bauten zu lösen – Suffizienz also keine Rolle spielt. 2022 hatte ich Studenten in Maseru vorgelesen: In der Schweiz ist Architektur für 80 % aller produzierten Abfälle, für 50 % aller verwendeten Primärressourcen, für 40 % aller verbrauchten Energie und für 30 % des gesamten CO2-Ausstosses verantwortlich. In der Schweiz leben 9 mio Menschen in 2 mio Gebäuden. 1.5 mio sind „alt“ und verbrauchen viermal so viel Energie wie Neue. Die Energie wird von den Mietern bezahlt, daher ist dies den Investoren egal. Bestehende Häuser abreissen und neue bauen –> man kann so 20 % mehr Einkommen erzielen als beim Renovieren –> Investoren bauen daher Neue. Neue Gebäude verursachen beim Bau 35 % mehr CO2 und 35 % mehr Abfall und Ressourcen (aber man muss dafür nicht extra bezahlen): Investoren ist das deshalb egal.
Collage City
habe ich letzthin wiederum gelesen. Da wird davon gesprochen, dass Napoleon I den Plan erwog, Paris in ein Art Museum zu verwandeln, als historisches Panorama der Grösse Frankreichs und von vergleichbaren (wenn auch weniger bedeutenden) Beiträgen eines zum grössten Teil untertänigen Europas. Museumsmässig hat es auch Ludwig I. bei einer Erweiterung in München gemacht mit vielen florentinischen, mittelalterlichen, byzantinischen, römischen und griechischen Anspielungen (Historismus halt). Beim Lesen des Essais von Colin Rowe fiel mir auf, dass Leo Klenze, der Architekt von Ludwig, genau das gebaut hat, was er für nötig und richtig erachtete.
Und ich erinnerte mich an meinen ‘’Schock’’ anlässlich der Diplomarbeit (bei Hoesli), als am Kreuzplatz eine Parzelle zu beplanen war, ein Teil davon am Zeltweg, hier mit 6 Geschossen, weil das ‘’so erlaubt sei’’. Ringsum gab es nur zwei- bis dreigeschossige Häuschen. Bis dahin sollten wir uns bei den Studentenaufgaben immer an- und einpassen. Hier bestimmten also nun ein Baureglement und die Zonenpläne, was zu tun war. Heute sind alle Häuschen weg.
Was war da zu machen?
Sowas konnte es ja wohl nicht sein – wie sich verhalten? …würde man drei je zweigeschossige Bauten (ein bisschen wie die Villa Savoy) aufeinanderstapeln, dann könnte das Bauwerk als ‘’teilig’’ gelesen werden (das unterste Stück ‘’passte zu den anderen Häuschen’’ – es wäre aber auch als Ganzes lesbar: ‘’sowohl als auch’’) – und im hinteren Grundstücksteil könnten ebenfalls solche ‘’Stücke’’, diesmal horizontal, aneinandergefügt werden – deren dritte Geschosse würden Glaswände haben wie die EG’s, aber ohne Decke am Rand, damit sie leuchten:
Das Entwurfsverfahren an der ETH war allerdings immer auf ein ‘’Ganzes’’ ausgerichtet, ein Konzept musste verfolgt und eine stimmige Lösung erarbeitet werden – alles im Sinne eines ‘’Igels’’ (der sich aber ‘’einpassen’’ sollte). Man könnte diese Entwürfe und das Vorgehen (in Analogie zu Colin Rowe) ‘’kleine Utopien’’ nennen. Und wohl wehe dem, der ‘’collageartig’’ entworfen hätte, zB. ‘’dekonstruktivistisch’’. (40 Jahre später sieht man anhand des SIA-Masterpreises 22/23 in einer S AM-Ausstellung, dass heute nicht mehr ‘’singuläre Bauten’’ entworfen wird-en, sondern mit Landschaft-, Kulturraum- und Stadt verwobene Infrastrukturen: Wassermanagement nach der Gletscherschmelze, Transition traditionelle zu industrieller Landwirtschaft in Polen (Maisabfall wird zu Dämm-Material, Projekt = Konstruktionen zu dessen Trocknung); Anbau von Zitronen mit Wohnnutzung kombiniert in einem Altbau in Zürich. Der Architekturrat sagte 2024: Hauptkompetenz der Absolventen soll das eigenständige Entwickeln eines Problems und dann dessen Lösung sein).
Hoesli schreibt, dass er in den siebziger Jahren mit den Texten der Collage City an Universitäten ‘’hausieren ging’’ – die Leute hätten (zB. auch in München!) mit einer ‘’herablassenden Zustimmung’’ reagiert. Wahrscheinlich haben diese Texte dann die Postmoderne mit-provoziert. Uns Studenten hat er oft von diesem Werk gesprochen (dass er es übersetze) – aber ‘’nichts herausgelassen’’. Collage wurden einzig als ‘’2d-Lockerungsübungen’’ gehandhabt. Das Buch kam erst nach dem Diplom heraus – so war mir damals nicht bewusst, dass ’’mein’’ Entwurfsverfahren (wie oben beschrieben) etwas von ‘’Collage City’’ hatte.
Das geschah mir auch schon früher so bei Hoesli, bei der Arbeit im zweiten Semester ging es darum, ein Wohnhaus zu vervollständigen, bei dem schon einige Winkelmauern im Wright’schen Sinn standen – die Intention war wohl, dass das Muster weitergestrickt würde. Im EG habe ich in den Ruinen (Grotti) die Zimmer organisiert und den Grundriss ‘’mit Gärten’’ erweitert – darüber landete ein Abklatsch von LC’s Gouverneurspalast mit den Wohnräumen…
Das erste Projekt, ein Kindergarten bei einem kleinen Teich und einem (künstlichen) Hügel (lustigerweise gleich hinter dem Kreuzplatz) sah ich als ein Pylon mit den Nebenräumen, an dem der Spielraum (mit permanenter Beschattung) hing, der mit ‘’einer Zunge’’ den Hügel kaum berührte (wie Gott Adam in der Sixtina)…
Im dritten Jahr war ich nochmals bei Hoesli (er bot ungemein viel ‘’Nahrung’’ in philosophischer, gesellschafts- und architekturtheoretischer Hinsicht) und habe am Wettinger-Projekt mitgearbeitet, mir aber für das zu bearbeitende Projekt einen Teil ganz oben, beim alten Dorfkern ausgewählt:
Da waren Reihenhäuser mit drei Geschossen möglich. Hier konnte meiner Meinung nach kein ‘’Block’’ vorgesehen werden und auch kaum ‘’Bandhäuser’’ nebeneinander. Wiederum habe ich mit dem Prototyp der Villa Savoy gearbeitet (es lagen immerhin Jahre zwischen den Projekten im ersten Jahreskurs). So wurde ein ‘’fragiles Ganzes’’ möglich, das aber auch als Teile lesbar blieb; mit der L-Form konnte auf den ‘’Platz’’’, die ‘’Allee’’ und die ‘’Strasse’’ differenziert reagiert werden und an der Gasse lag eine ‘’Hochverbindung’’ drin. Im EG waren Einliegerwohnungen oder Ateliers vorgesehen in einem ‘’privaten, nachbarschaftlichen Labyrinth’’.
Der ‘’Geist’’ im zweiten Jahr bei Oswald war nicht viel anders:
Ein Bahnhof mit 3 Röhren (1. Treppe und an den Gleisen, 2. zum Lift und 3. Rampe, alle drei oben ‘’vereinigt’’ als Eingang); an den Gleisen unten unter den ‘’Röhren’’ der hohe Wartsaal mit dem Bistro und Galerie über den WC/Küche (da auch Licht unter der Treppe durch zu den Gleisen) und draussen die Halle: beide Räume etwas ‘’Piranesi’’. Ich habe Wellblech gesagt, der Professor und der Asisstent: das ist ‘’kein Material’’. Später bauten wir immer wieder damit! Viele Studenten machten ein dreigeschossiges Gebäude , das aber nach mir ‘’zuviele Flächen’’ bot…
Dann Volkshaus mit Platz: niedriges Foyer, hoher Saal, ins Foyer hinunterreichend, der dreiseitig Licht hat und als ‘’Raum ausgestaltet’’ ist – mit Achse/Impuls auf den seitlichen Platz und eine an-dere zur Strassenkreuzung vor dem Haus (hier Behandlung ‘’der Fassade’’). Oben als leuchtende Krone ein Glas-Stufenbau mit (Panorama-Rooftop)Restaurant und darüber Küche. Hinten Studen-tenzimmer (so: ‘’für sich’’) mit Kaskadentreppen, als ‘’Rücken’’ für den seitlichen Platz (mit Rampe) und den Saal. Die meisten Studenten plazierten die Zimmer ‘’oben drauf’’ (mit schwieriger Statik – und ‘’kleinem Foyer’’ neben dem Restaurant, weil dieses nun im EG untergebracht war).
Im vierten Jahr bei Schnebli ein Altstadthaus, wo über einem Sockel öffentlicher Nutzungen die Wohnungen als ‘’Körper’’ mit mehrgeschossigen Gärten dazwischen angeordnet sind (Shodan lässt grüssen) – teilweise war ein Wohnungsteil nach vorne zur Limmat orientiert und sein oberes Geschoss zur Gasse – und vice versa) – auch ‘’die Fassaden’’ wurden bewusst artikuliert; idem
Hotel am Central: die meisten Studenten haben ein U-Konzept mit Ausrichtung auf das Central gewählt. Ich sah ‘’den Platz’’ ‘’um die Ecke’’ gehen: also Block (einfachst: mit eingestanztem Hof oder erlebbarer (Ordnung) mit ‘Kahn’schen’ Einzelelementen: damit sind die Nutzungen ‘gesetzt’. Freier: unterteilt in Schichten mit eingehängten Körpern (Zimmer, Erschliessungstürme), die Citro-hane durchdringende Hohlräume (Halle, Foyer, Restaurant, Galerien, Lichtgaden): =3-d-Sarabhai.
In der Praxis als Architekt haben wir lieber statt von Utopie (oder wie Colin Rowe sagte: ‘’Metapher einer Utopie’’) – oder von ‘’Igel’’ –> von Ganzheit gesprochen (oder: auf ein Ganzes geordnet) – und statt von ‘’Collage’’ oder von ‘’Fuchs’’ und wildem Denken –> lieber von ‘’etwas Zusammengesetztem’’. – Und lange blieben ‘’unsere’’ Bauten ‘’zusammengesetzt’’ – mit ‘’Gesprächsangebot’’ zu den Nachbarn – erst allmählich wurden sie zu einem ‘’Ganzen’’…
teiligem….
…dann einem, das ‘’schaut’’….und ‘’rennt’’….oder die ‘’Produktionsrichtung abbildet’’ (die Mayas sagten, dass ‘’erkennbare Formen’’ – ‘’eine Seele’’ haben würden): erstaunlich, dass das ‘’Ganze’’ bei Steffen-Ris auch dem Wunsch des Bauherrn nach ‘’Funktionalität’’ geschuldet war (immer nur die nötige Höhe). Schliesslich dort, 10 Jahre später bei der Erweiterung, (wieder) 200m lange Wellblech ‘’Röhren’’ – alles gleich hoch, additiv und ‘’flexibel’’…
Unsere 3 EFH sind auch verschiedenen Stufen der Zusammensetzung bzw. der Ganzheit geschuldet:
-(Apfel)Haus mit Kern (drin dienende Räume) – aber auch mit Aussenräumen (Angebissenes)
-aus einem Kopf sich in 2 Arme entwickelnd (mit Hof dazwischen) – Ganzheit oder Teiligkeit?
-und schliesslich: Ganzheit mit Treppenhaus als 3d-Einschnitt (und fliegenden Plätzen rudrum)
Seine Collagen hat Hoesli manchmal seinen Bauten ‘’angepasst’’: mit den Vor- und Rücksprüngen
…dass Collage auch mit Korngrössen, mit Stimmungen und Feldern arbeiten können, steht ja schon in einem anderen Essai…
Im Kirchenfeld gaben Architekten ihren Gebäuden an der Thunstrasse ein Gesicht nicht zur Hauptstrasse, sondern (fälschlicher Weise – könnte man meinen) auf die Nebenstrasse oder Kreuzung. Liest man das Gebäude, bzw. das ‘’Gesicht’’ aber ‘’als mit einem gestalterischen Impuls versehen’’ (wie eine Geste) sieht man sofort, dass dieser eben auf die Strassenkreuzung oder in die Nebenstrasse hinein geht: nun durchaus verständlich (Collage-Haltung mit Sinn!).
In Fribourg: Dreiecksplatz als Auftakt zur Kathedrale, als Eingangs-situation für die Häuser, als Terrasse zum Restaurant (nicht Utopie noch Tradition und Zwang – macht das Muster ‘’lesbar’’).
Und Goethe meinte, dass wenn einer seine Zukunft dergestalt wählt, dass sie ‘’nicht wie intendiert’’ abläuft, er sich dadurch Freiheit erwirbt (also ‘’nicht-Igel’’). Goethe sagte auch: Zweckmässigkeit ist allen einsichtig – Schönheit muss empfunden werden (können).
Und jetzt zum Essai von Colin Rowe selber: schon nur das Vorwort könnte abstossen: was kümmert es uns, wenn eine (wahrscheinlich kaum gut ausgebildete) Person beteuert, die ‘’Architektur’’ (was ist das?) sei dazu da, Gutes für den Menschen zu bewirken (sie solle human sein) – oder noch abwegiger: sie diene der Wissenschaft (sie solle fortschrittlich sein). Vielleicht, siehe unten, hier (bedenklich): wissenschaftliche (galileische) Wahrheit vs. humane Wirklichkeit…
Die Utopien von Alpine Architektur, der Futuristen, der Nazis, die ‘’strahlende Stadt’’ von Le Corbusier, oder sogar die Phalanstère, die auf dem Modell von Versailles aufgebaut waren (einem Macht-Instrument eines Diktators) – wie relevant sind solche Theorien (auch diese stammen wiederum wohl von nicht wirklich gut gebildeten Einzelpersonen/Männern)?
Auf der anderen Seite ist die ‘’Utopie’’ die DNA aller Europäer und der Amerikaner: unsere Kultur (bis in die Kolonien hinab und in die Museen), das Geschichtsbewusstsein und die gesamte (welt)Ökonomie sind gerichtet und sollen sinnvoll und folgerichtig sein, wie ebenso alle Sicherheitsvorkehrungen, aber auch das Arbeiten an einem Projekt: vom Konzept bis hinab in die Details muss eine Linie sichtbar werden – da haben Collage und ‘’wildes Denken’’ nicht viel Platz.
Das gilt auch für die privaten Firmen, die dadurch schnell und flexibel sind. Dagegen sind Staats-Konsortien wie zB. die Europäische Weltraumorganisation, wo viel verhandelt werden muss (wer kann was bauen, wer muss was bezahlen) schwerfällig und langsam (wie Demokratie = vielköpfig, vielgestaltig). Man könnte jetzt versucht sein zu sagen, ‘’die Stadt’’ sei auch so – vor allem hier brauche es ‘’Verhandlungen’’, etc. – doch die meisten Städte wurden von einem Mann gegründet, auch die Erweiterungen werden meist ‘’von einem Kopf’’ entworfen, auch wenn es sich um Wettbewerbsbeiträge handelt…
Rowe sieht Collage als Methode, Gegenstände zwangsweise aus ihrem Kontext zu heben (dies sei momentan die einzige Art, sich fundamentalen Problemen von Utopie und Tradition zu widmen): dies evoziert doch eher Gegeneinander, ‘’Sinn-Entfernung’’ und postmodere Spielereien?
Doch der Essai von Rowe ist dahingehend interessant, weil er viel Wissen darlegt, sorgfältig einem fil rouge folgend – ebenfalls wie eine Utopie auf ein Ziel hingewirkt und geordnet den Intellekt erfreut. Ich glaube, dass dieser Text trotzdem weder bei Architekten noch bei Historikern oder Denkern (wie sich das Hoesli im Nachwort gewünscht hatte) Relevanz und Anwendung (oder wenigstens Nach-Denken) hervorgerufen hat – das dies wohl auch daran liegt, dass diese Thematik zwar existiert, aber nicht wirklich relevant war (oder ist – ebenso wenig wie die Theorien von Archigram, Superstudio, die Megastädte, Space-City, Raumstadt über Paris und manche mehr).
Gleiches könnte man ebenfalls schon bei den Beispielen, die Rowe bringt, zeigen: der Gebäudekomplex von Louis XIV ist erdrückend und ermüdend gross, langweilig, monoton (also nicht wirklich ein Vorbild, für was auch? – wohl daher nicht wirklich relevant – ausser als Machtinstrument). Monoton und ermüdend sind auch der Quirinalspalast, und ebenfalls Asplunds Königliche Kanzlei (die Rowe als ‘’Fuchs’’ (und daher interessant) ansieht). LC’s Sowjetpalast ist elegant und Perret’s ist ‘’fragil’’, dessen Lösungsansatz ‘’an den Haaren herbeigezogen’’: man fragt sich, was dieser merkwürdige Platz soll und für wen er gedacht ist – er ist ja lediglich mit Palästen definiert – und ‘’tut nur so, wie wenn er ein Platz wäre’’ (also ist das Projekt Perret nicht wirklich einen ‘’gute Alternative’’, und auch keine, die zu beachten wäre – ausser man ist an Prinzipien interessiert).
Rowe meint in seinem Essai zudem, dass es bei den modernen Architekten kaum ‘’Füchse’’ hatte; ich glaube aber, zB. Taut, Poelzig, Scharoun, Salvisberg, Aalto waren es – aber auch Wright würde ich entgegen Rowe’s Meinung zu den Füchsen zählen (zB. die frühen Villen, die in die Landschaft ausgreifenden Villen, die Präriehäuser, Taliesin, Broadacre City, die Meisterwerke wie Falling Water, Johnson & Son, die Häuser des räumlichen Kontinuums, etc., etc.) – will man diese Häuser als Igel sehen (weil (nur) ein Prinzip angewandt wurde), könnte man das ja auch Hadrian anhängen: er hat überall ‘’das Prinzip der Collage’’ gewählt! Gleich verhält es sich mit dem Barcelona Pavillon von Mies und seinen Backsteinprojekten (schaut man das immer gleiche Fügungsprinzip an – oder das Raumausgreifende der Elemente?). Soll man strukturell – oder prinzipiell urteilen? Nimmt man die Unterteilung in Ganzheit vs. Zusammengesetztes, wird es klarer: man hat es mit architektonischen Objekten zu tun (und nicht mit Prinzipien. Man soll aber nicht meinen, Prinzipien seien ‘nur’ geistig, papieren und blutarm (vergleichbar den Ideen Platons, =Konzeptionelles – vs. Perzeptionelles (=Stil), das ‘Schöne’) – das kann bei der Betrachtung der Entwicklung etwa des Prinzipes Domino eingesehen werden: darin eingehängte Volumen, wie Shodan – oder in einem Citrohan, wie Curutchet), oder beim Prinzip Citrohan mit zwei Schichten, Jaoul, oder mit vielen, Sarabhai) – diese ‘’Prinzipien’’ sind sehr ‘’erlebnisintensiv’’! Darum haben wir im Büro auch Prinzipien gesetzt. Man findet solche in Architekturen aller Zeiten: ‘’Auseinandersetzungen mit Hoesli’’, ‘’Prinzipien jpar’’, etc.).
Die Frage von Voll und Hohl, oder wie Colin Rowe es nennt: von Akropolis oder Forum sollte nicht nur so gestellt werden: Forum wird dicht, Akropolis locker; Forum: räumlich und städtisch, Akropolis: ‘’im Grünen’’. Denn fragt man ‘’die Leute’’, dann ziehen die Meisten das ‘’Grüne’’ vor. Stadt als Austausch, Arbeitsort und Wohnort im weiteren Sinn war früher. Heute werden Wohnungen mit grossen Balkonen (am liebsten ruhig und im Grünen) nachgefragt –> die ‘’Beziehung zur Stadt’’ (was man dort macht, erlebt – hat sich grundlegend geändert).
Rowe und Hoesli/Hofer schauten die Stadt von ‘’der Stadt’’ her an, wie sie gemacht sein sollte/könnte und berücksichtigen die heutigen Planungsvorgänge und -vorgaben nicht: Gestaltungspläne, Zonenpläne, Baureglemente, Einzelbauweise, Bau- und Strassenabstände; dann auch die Kundenwünsche nicht, die ein Haus wollen, denn Strassen und Plätze ‘’stehen ja nicht zur Verfügung’’. Zudem will Rowe ‘’verstehen’’, darum nutzt er ‘’Pläne’’ und die ‘’Vogelperspektive’’. Er findet so das ‘’Wahre’’ – ob es auch etwas ‘’Wirkliches’’ ist? Die Frage nach Wahrheit – im Gegensatz zu Wirklichkeit – ist vielleicht ein Relikt aus frühchristlicher Zeit, wo (religiöse) Wahrheit der römischen Wirklichkeit („des Kaisers“) entgegengestellt wurde. Die Architektur erscheint und wirkt – und ist deshalb apriori nicht (wie etwa im Gegensatz Zahlen oder Gesetze). Wir könnten sie nur mit den Augen und dem Körper wahrnehmen – (mittels des Planstudiums ‘’nur’’ verstehen). Ihr wahres Sein ist uns kaum direkt „zugänglich“. Ein griechischer Tempel ist harmonisch. Aber das scheint nur so, denn er ist tatsächlich unregelmässig. Die Säulen sind bombiert – damit sie gerade wirken (aussehen). Auch alle anderen perspektivischen Korrekturen sind für das Auge bestimmen: z.B. der unregelmässige Säulenabstand und die Krümmungen der Basis, der Kapitelle und des Gebälks.
Wie frei von derartigen Zwängen ist dagegen die römische Architektur mit ihren dicken Mauern, die sich vom Diktat des Konstruktiven befreit haben – um Erfindungen im Räumlichen und der Wege- und Lichtführung zu zelebrieren und – natürlich auch die erlebbare Materialisierung. Die Architektur ist tolerant und luxuriös; die Details ordneten sich dem grossen Ganzen unter.
Bei den Griechen und Ägyptern bestand ein innerlicher Zusammenhang der Funktion zB. eines Bauwerkes mit seinem Inhalt und Stil, aber auch mit den Ausdrucksmitteln. Es gab keine Wahlfreiheit: Marmor war primär den Göttern vorbehalten, wie auch zB. die Form des Tempelfrieses. Cäsar, welcher sein Haus damit geschmückt hatte, wurde vorgeworfen, er wolle gottgleich sein. Das habe er ja auch gewollt, um die Völker des Ostens zu unterwerfen, welche nur Götter als Könige akzeptierten.
Haus und Stadt sind im Wesen etwas anders. Das Haus ist identifizierbar (schliesst aus; „wählbare“ Ordnung), die Stadt ist eine Vielheit (schliesst ein; Ordnung durch Übereinkunft). An der Schnittstelle der beiden Systeme, an den Fassaden, sollte eigentlich das Frei-Wählbare aufhören, und etwas Nicht-Individuellem Platz machen, etwas, das für Alle gilt – eben nach einer ‘’Übereinkunft’’.
Im Essai von Rowe kommt die Beobachtung der ‘’Fassaden’’ nicht vor. In der modernen Architektur und heute noch (bei den Kisten, den Objekten, Türmen – wie ja auch bei den Brücken) sind die ‘’Fassaden’’ Oberflächen von Körpern (mit Ausnahmen wie Exeter, Curutchet, etc.)
An romanischen Kirchen, vor allem wenn sie auf Plätze hinausgehen – und eben bei den ‘’Oberflächen von Plätzen’’ ist das anders (wie Vosges – hier sind es Oberflächen von gleichen Reihenhäusern als Platzwände – und nicht von den Gebäuden der Stadt, dahinter). In der Tragische Szene von Serlio sind die ‘’Strassenwände’’ = (schon) Oberflächen von Palazzi.
…gleich verhält es sich bei Unter den Linden in Berlin (oder bei Klenze in München und bei Perret für den Sowjetpalast) – anders sind die Stadttapeten in Venedig – und ‘’Fassaden’’, die explizit für ‘’die Stadt’’ entworfen wurden (quatro fontane, Pazzikapelle, Pantheon, Palazzo Rucellai)!
–> Fazit: in der Stadt verhält man sich anders…
Eine weitere im Essai von Rowe nicht behandelte Frage ist, was der ‘’Grad und die Art der Ordnung’’ des Gebäudes aussagt – oder bewirkt. Blickt man auf Kahn, wird klar, dass bei ihm der ‘’Ordnungsgrad’’ immer ziemlich hoch und die Arten vielgestaltig sind – es sind etwa Igel zB. Bryn Mawr, die Unitarierkirche, die Hurva Synagoge, das gebaute Salkinstitut, die Exeterbibliothek, die Museen, Dacca. (Auch bei Hadrian, etwa beim Theatre Maritime, finden wir einen nicht zu über-bietenden hohen Ordnungsgrad!).
Füchse bei Kahn sind zB. das Dominikanerinnenkloster, St. Andrew, die Salk-Projekte, etc. Beim Dominikanerinnenkloster kommt noch hinzu, dass er regelmässige und unregelmässige Räume zelebriert (aber nicht im Sinne von Scharoun, der im Saal der Philharmonie Talschaften und Himmelschaften gestaltet (das sind unregelmässige Teile, die sich aber zu einem gesamtheitlichen ‘’Wohlklang’’ zusammenfinden: irgendwie ‘’igelige Füchse’’, wenn man so will – im Foyer ist es dann ‘’ein Bergwerk’’). Dann gibt es aber bei Kahn viele komplexe Projekte, die andere Arten von Ordnungen haben:
Auch deshalb schon können ‘’Igel und Fuchs’’ wohl kaum ‘’umfassende’’ Kriterien sein.
Zudem ist ein ‹Bricoleur›, sein wildes Denken vielleicht beim Betrieb eines Flugzeuges, beim Machtaufbau und -erhalt weniger zielführend (wie auch beim Führen einer Firma) – aber bei einem Heimatmuseum und Ferienkomplex (Hadrian) wirklich angebracht! Es ist also wahrscheinlich nicht intelligent, immer beide (das Sowohl als Auch) zu wünschen. Es gibt Aufgaben, wo das Eine oder das Andere einfach bessere Resultate liefert. Im Essai kommt ebenfalls die Beobachtung nicht vor, dass ‘’Utopien’’ igelhaft, also hoch geordnet – aber auch wie ‘’autistische ’’Füchse’’ sein können (wild gedacht, aber ohne Beziehungen zur Umgebung – und: die einzelnen Teile haben keine unterschiedlichen Funktionen: l’art pour l’art):
Türme und Brücken sind praktisch immer Igel (weil linear – beachte auch: Collage/Füchse (=2d, tissu) mit Schnitt (‘’unterschiedlich hohe’’ Gebäude) kommt bei Rowe nicht vor) –HdM haben an der Leonard Street in NY probiert, das Igelhafte des Turms ‘’zu falsifizieren’’ – doch lineare (gewundene) Bauten sind keine Igel (anders als der Zeilenbau) – und Pergamon scheint wie Hadrian ein Fuchs zu sein, bei genauerem Hinschauen sieht man aber, dass die einzelnen Komplexe radial auf’s Theater orientiert sind – ein Igel? Man sieht es: das sind weitere Schwierigkeiten….
Beim Vergleich von Louis XIV und Hadrian wird strukturell argumentiert, nicht aber ‘’funktional’’ (dies war ja der Grund zum Bauen!): hier Machtapparat, Kontrolle, Wohnstatt in totaler Hierarchie und für Viele – dort Bau als Vergnügungsmomente für Wenige, museumsartig. Beide Gebäudekomplexe können und sollten also nicht verglichen werden: es sind zwei verschiedene Dinge.
Obwohl formal, wenn man ‘’nur Teile’’ der Bauten nimmt, gibt es trotzdem (formale Teil-)Ähnlichkeiten:
Beide noch weiter ‘’gleich machend’’, erwartete man ja eigentlich zurecht, dass in beiden Bauten ungefähr das ‘Gleiche drin’ ist (nicht funktional): nämlich Räume und Raumfolgen. Aus spezifischen Gründen beinhaltet Hadrian aber auch noch eine ganze ‘’Raumgrammatik’’ (was in anderen Essais steht – und selbst LC hatte sich da bedient).
Dazu kommt, dass Versailles auf einer ebenen Fläche errichtet wurde – Tivoli aber in einer gewellten Landschaft, mit Flusslauf – die verschiedenen Richtungen und Brüche könnten daher teilweise dieser Tatsache geschuldet sein. –> Rowe’s Analyse ist also eher grob (oder unvollständig) und wird daher kaum ‘’gute’’ Resultate liefern. Weiter: Schaut man bei Kahn, St. Andrews, würde man ja wohl die allgemeinen Gebäude als Igel bezeichnen, nur die Tatsache, dass diesen zwei Flügel mit Zellen schräg gegenübergestellt wird, macht sie als Ganzes zu einem Fuchs. Bei den Dominikanerinnen wurden praktisch die gleichen Prinzipen angewandt, nur dass zusätzlich noch unregelmässige Höfe da sind (die sind nicht angenehm: in der Schule musste man sich zur Strafe ‘’in die Ecke stellen’’ – stehen sie eventuell ‘’für den Teufel’’?). Dass die ‘allgemeinen Bauten/Räume’ hier zusätzlich teilweise schräg zueinander stehen, ist im Plan sehr schön ersichtlich, wahrscheinlich nicht sosehr, wenn man durch die Räume wandert. Bei Hadrian sind die einzelnen Raumgruppen regelmässig und hoch geordnet, wie Igel, die unförmigen Zwischenräume ‘’sind allerdings unterdrückt’’ – und nicht zelebriert wie bei Kahn. In Pompeii liegen die einzelnen Raumkomplexe leicht schräg – (aber wohl kein Fuchs) – auch hier – geht man durch die Räume – werden diese ‘’kleinen Unpräzisheiten’’ kaum auffallen – nur im Plan tun sie es: sind die Pläne relevant – oder das Gebaute, das ‘’Erlebnis’’?
Ganz gleich verhält es sich mit dem vermeintlichen Fuchs (oder poché), dem Hôtel de Beauvais, das sich in eine unregelmässige Fläche einfügt – doch ist dies nur im Plan zu sehen, kaum erlebbar, da nur ‘’regelmässige’’ Räume vorkommen, die ‘’Abfälle’’ sind ‘verdrängt’.
Bei der französischen Botschaft für Brasilia hat LC die ‘’Abfallräume’’ schön gestaltet (sie haben Figurqualität) – ist das ein Igel?) – und Moore hat beim Murray-House in ein (erlebbares) Viereck einen Kreis gestellt: die Hauptwohnräume sind ausserhalb des Zylinders (im Zwischen- oder ‘’Abfallraum’’) auch von der Küche (ebenfalls ‘’aussen’’) ist der Zylinder erlebbar – und vom Schlafzimmer oben kann man auf eine Galerie (mit Cheminée!!) treten, wo der Zylinder wiederum erlebbar ist. Moore hat dann aber (leider) den Zylinder noch mit einer Treppe ins Dach durchschnitten und durch Dekorationen extrem verfremdet – was nach mir ‘’alles zerstört’’. Und schliesslich: die Türme von Zumthor oder Botta (Mogno) sind typischerweise Igel, auch wenn (noch) ein ‘’Ort’’ gemacht worden wäre.
Und/aber: man sieht das ’RAUM-werden’ –> folglich: die Bezeichnungen Igel/Fuchs treffen nichts Wesentliches (eher: ’Ort’, ’Raum’ (room, nicht space), ‘Fassade’).
Mit diesem Kommentar soll nichts gegen die Brillanz des Essais von Colin Rowe gesagt werden: Hoesli glaubte, er sei das ‘’Vers und Architecture’’ der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das war er sicher nicht (eher ‘’Complexity and Contradiction’’ von Venturi). Und: meine Gedanken sind nicht ‘’konsequentes Konsequenzen-Ziehen’’ um damit den Essai zufall zu bringen, sondern, meiner Meinung nach, Gedanken, die Colin Rowe einfach ignoriert hat, die aber dazu gehören…
Blumenpflückendes Mädchen, römisch