Istanbul

DAS POCHE IN ISTANBUL UND WIE EIN ARCHITEKTONISCHES PRINZIPARCHITEKTUR UND STÄDTEBAU BEEINFLUSST

Sei es z.B. im barocken Privathotel Frankreichs, in der Residenz in München, eine überragende Bauleistung der europäischen Renaissance oder in den Werken von Sinan in Istanbul: allen ist gemeinsam, dass grosse, repräsentative Innen- oderAussenräume in einem kompakten, urbanen Umfeld nur zusammen mit Resträumen entstehen können. Die Restfläche, die zwischen dem idealen Raum und dem Kontext oder der bestehenden Stadt übrig bleibt, nennt man »posché». Das „poché“ ist eine durch Unregelmässigkeiten gekennzeichnete Stelle. Eine genauere Betrachtung von Poché-Stellen erlaubt interessante Erkenntnisse, welche eine Erweiterung des beruflichen Handwerkes des Architekten fördern. Poché gibt es in vielen Kulturen, eben auch in der türkischen.

Poché ist eine Frage der Ansicht, ein Stabilisator innen (die ideale Form) in einem unübersichtlichen Gewebe, oder ein Stabilisator aussen (ideales Ganzes) mit Übrigbleibsel zwischenden Teilmengen, wie am Bazar in Istanbul.

Das ist aber nur wieder die halbe Wahrheit der halben Wahrheit – wie in der Residenz in München, wo immer neue Formen idealer Räume und Höfe gesucht und gebaut wurden, finden sich, ähnlich, solche auch – aber verstreuter – in Istanbul, versammelt durch den Namen Sinan, der vom Vorbild der Kuppelkirche der Hagia Sophia – „leider“ axial, längs geordnet – inspiriert, einen so lichten durchleuchteten Raum, aber richtungslos – oder längs gerichtet, erfinden wollte. Die Sehazade Camii und die Sokollu Mehmet Pasha Camii sind Stationen auf dem Weg zu diesem Ziel. Das schönste Beispiel, die Rüstem Pasha Camii, zeigt beide Seiten der Medaille, das Suchen des idealen Raumes und Hofes und das Ein-Verbinden ins Stadtgewebe mittels poché, hier sogar im Schnitt! Hier werden die Gemeinsamkeiten und Differenzen idealer Räume und desconnecting tissues, eben des pochés, in Istanbul aufgezeigt

Istanbul

Topkapi

Innere Fassaden, dahinter Füllräume, davor Grossraum (diese Lesart wir auch mit der Lichtfülle unterstützt) – wie ein Tal, ein Weg für Prozessionen. Für Sinan das grosse Vorbild, aber nicht passend ist der Längsraum – für eine Moschee mit in langen »demokratischen» Reihen Betenden sollte der Raum »quer» oder wenigstens »neutral» sein.

Sinan hat es geschafft, in der Selimiye Moschee

Selimiye-Moschee in Edirne, Türkei | Franks Travelbox

8 freistehende Pfeiler

Der Weg dahin:

4-Pfeiler

6-Pfeiler

8 Pfeiler (aber 4 in Wänden) – diese Moschee liegt über einem Markt, im Obergeschoss!

Mit dem poché rings herum!

Camii, in Kayseri: Raumforschung im Schnitt

Istanbul Basar

Das »Horn» ist eine Abfolge von »tissus» je eigener Geometrie und Zentren – mit dazwischen »Füllmaterial»

In München sieht man auf jeder Massstabsstufe immer mehr – architektonische Interpretationen kann man deuten und konkretisieren zugunsten von Idealformen oder von Restflächen und eine einspringende Ecke wird z.B. zum Akzent im Nebenraum:

Es sind Stellen im Stadtgewebe interessant, wo ein Muster/Grid auf ein anderesstösst, verwoben wird oder verzahnt

Der Architekt Sinan und seine Nachfolger auf der Suche nach dem lateralen Raum

Dranda: Kuppel ‘’grösser’’ als die Kreuzarme –> der Innenraum wird ein ‘’Leerraum’’, die Kuppel wird zum ‘’Deckel’’ auf einem Zylinder (Deckel wie bei der Hagia Sophia, dort über einem ‘’Loch in der Mitte’’. Bei Sergius und Bacchus sind es einzelne Fenster in einer ‘’In-nenhaut’’).

Rundkirchen von Bana und Swarnotz: wie kommt man vom Rund in den Tetrakonchos – und ob er wie die Hagia Sophia oder San Vitale die Raumerweiterung gestaltet.

Und wie ist der Bezug der Kirche zum Palast…

Ephesus mit seinen 3 Agoras; grosse Achsen zielen auf grosse öffentliche Gebäude (Theater, Bibliothek); dazwischen posché

Millet mit den gedrehten Faustina-Thermen und dem dann nötigen posché

Wohnen – Hotel

Grundriss

Schnitt

Organisation eines Klosters mit Stabilisator, grossen Gebäuden und posché (Sinai und Kahn)

Simeonskloster in Assuan auf 2 Terrassen (unten die Kirche, oben die Zellen

Lineares Kloster in Jericho und Schachbrettartig auf der Grabeskirche in Jerusalem